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27.07.2023

Bundesnetzagentur warnt vor mangelhaften Solarwechselrichtern für Balkonanlagen

Die Bundesnetzagentur hat Stand 11. Juli bestätigt, dass bei den von ihnen geprüften Geräten das NA-Schutz-Relais fehlt. Die BNetzA hat den Hersteller Deye aufgefordert, Kunden und Händler über ein fehlendes NA-Schutz-Relais der Wechselrichter zu informieren.

Bild: ArGe Medien im ZVEH

Bereits im zurückliegenden Jahr sind der Bundesnetzagentur Solarwechselrichter aufgefallen, bei denen kein CE-Kennzeichen, keine deutsche Bedienungsanleitung oder keine deutsche Händleradresse zu finden war.

Es ist nicht erlaubt, Produkte in Deutschland zu vertreiben und zu nutzen, die über kein CE-Kennzeichen, keine deutsche Bedienungsanleitung oder keinen europäischen Ansprechpartner verfügen. Diese formellen Anforderungen bei Produkten sind wichtig, da sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf signalisieren, dass sie diese Produkte bedenkenlos nutzen können.

Neben den formellen Anforderungen sind auch technische Anforderungen zu erfüllen, die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht einfach kontrollieren können. Daher führt die Bundesnetzagentur auch messtechnische Untersuchungen durch. Aktuell laufen bei der Bundesnetzagentur entsprechende Verfahren gegen Hersteller von Solarwechselrichtern, die zwar den formale Voraussetzungen genügen, jedoch bei der messtechnischen Überprüfung im Labor Mängel aufweisen. So überschreiten einige Produkte im Betrieb gesetzliche Grenzwerte für elektromagnetische Verträglichkeit. Gegen die Hersteller können beispielsweise europaweite Vertriebsverbote und Geldbußen bis zu 100.000 Euro verhängt werden. Einführer und Händler, die ihre Pflichten nicht erfüllen, können mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden.

BNetzA fordert Deye zur Benachrichtigung von Kunden auf

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte Mitte Juli den chinesischen Wechselrichterhersteller Deye dazu aufgefordert, Endkunden über die nicht zertifizierte Bauweise der verkauften Geräte zu informieren. Es geht dabei um das fehlende Netz- und Anlagen-Schutz-Relais (NA-Schutz), das laut VDE-AR-N 4105-Norm für den Betrieb der Wechselrichter nötig und daher auch Bestandteil des Zertifikats für die Wechselrichter ist.

Als zuständige Behörde muss die Bundesnetzagentur die Einordnung so vornehmen und die Verwendung am Verteilnetz (also dem lokalen Stromnetz) sofort untersagen. Technisch gesehen besteht für die betroffenen Anlagenbetreiber nach Ansicht des DGS e.V. jedoch keine akute Gefahr. Bei dem fehlenden Relais handelt es sich schlussendlich um eine redundante Schutzeinrichtung, die in der Praxis eher selten beansprucht wird. Die Wechselrichter schalten beim Trennen vom Netz weiterhin über einen Halbleiter ab – der allein genügt jedoch den Anforderungen der Norm nicht.

Die BNetzA hatte auf Anfrage ihren Standpunkt noch einmal bekräftigt. "Sofern Verbraucher Geräte betreiben, die kein bzw. ein ungültiges Zertifikat zur Einhaltung der VDE-AR-N 4105 haben, dürfen diese Geräte nicht am Verteilnetz betrieben werden", schreibt ein Behördensprecher, die "Bundesnetzagentur kann mit Stand vom 11. Juli 2023 bestätigen, dass dem Markt entnommenen Geräten ein Relais fehlt".

Die Behörde hat also offenbar Stichproben genommen und einige Deye-Wechselrichter untersucht oder untersuchen lassen. Sie erklärt weiter: "Entsprechende Hinweise zu Produkten der Firma Ningbo Deye Inverter Technology Co., Ltd liegen der Bundesnetzagentur ebenfalls seit 11. Juli 2023 vor. Der Hersteller hat gegenüber der Bundesnetzagentur Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen, die geprüft werden".

Deye plant, mit einer externen Relais-Box das Problem zu lösen, die das Unternehmen betroffenen Kunden in Deutschland und Österreich kostenlos zukommen lassen will. Die Nachzertifizierung solle in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Die Bundesnetzagentur war von dem Vorschlag bislang jedoch wenig angetan, ähnlich wie der VDE.

Stellungnahme des VDE

Der Verband hat mit seinem Normenausschuss die Norm VDE-AR-N 4105 erarbeitet. Er bestätigt damit die Auffassung vieler. Wenn das verwendete Zertifikat nach VDE-AR-N 4105 ungültig ist, erlischt auch die Betriebserlaubnis. Dies zu bestätigen, ist jedoch nicht Aufgabe des VDE, sondern der zuständigen Behörden. z. B. der BNetzA. Weiterhin sieht er das Problem nicht nur, wie von Deye bisher in seiner Stellungnahme genannt, in Deutschland und Österreich. Die europäische Norm EN 50549–1 sehe ähnlich wie die VDE-Norm eine Einfehlersicherheit vor. Ergänzend spricht sich auch die internationale Norm für Wechselrichter, IEC 62109, für ein Relais aus. Der VDE äußert sich auch zu der von Deye vorgeschlagenen Lösung, eine Relaisbox nachzurüsten:

“Das Nachrüsten eines ‘externen Relais’ ist nicht ohne Weiteres möglich. Eine Lösung, wo der Verbraucher selbstständig den NA-Schutz integrieren und lösen kann, entspricht nicht den Anforderungen der geltenden internationalen und nationalen Normen. Ist der NA-Schutz im Wechselrichter integriert, muss auch der Kuppelschalter im Wechselrichter integriert sein«.

Weiterer Hersteller tauscht schon Geräte
Derweil hat ein anderer Anbieter schon begonnen, seine Geräte, bei denen das Relais laut eigener Aussage ebenfalls fehlt, mit einer Umtauschaktion begonnen: Der Anbieter Anker bietet allen Kunden mit einem 600 W-Wechselrichter den kostenlosen Tausch zu einem Neugerät an, das nach der erwarteten Normänderung auch später auf 800 W freigeschaltet werden kann. Die Anfrage der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), von welchem Hersteller diese Geräte stammen, wurde bislang von Anker ebenfalls nicht beantwortet.

Weitere Hersteller und Anbieter haben inzwischen auf die Anfrage der DGS reagiert und klargestellt: Die von ihnen angebotenen Geräte enthalten das Relais und entsprechen damit also auch allen Vorgaben. Darunter ist der Anbieter Yuma mit Hoymiles-Wechselrichter. Auch der Hersteller Estar hat die DGS direkt aktiv angeschrieben und über die Konformität seiner Geräte und das Vorhandensein der Relais in den Wechselrichtern informiert.

Andere Firmen, darunter auch große Steckersolar-Marken-Anbieter, schweigen sich auf ihren Homepages bisher aus. Es könnte sein, dass sie das Thema jedoch auch noch einholt. Denn es gibt Vermutungen, dass einige Hersteller auch Deye-Wechselrichter (mit Umlabelung) vertrieben haben.

Quellen: BNetzA, VDE, DGS e.V.

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